DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-04-2024 08:30
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM (Trog Mitteleuropa), Übergang in Nz (Nord zyklonal)

Einmal Trog, immer Trog - unbeständiges und kühles Aprilwetter, vorübergehend
aber nicht mehr so windig wie zu Wochenbeginn. Am Freitag dann wieder richtig
lausig. Vielen Dank ANNINA!

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... zeigt die großräumige Potenzialverteilung einmal mehr eine inverse
Omegastruktur, in deren Zentrum ein veritabler, von Nord- über Mitteleuropa bis
hinunter in den Mittelmeerraum reichender Trog steht. Dieser ist voll bis oben
hin mit hochreichender polarer Kaltluft (mP, teils auch xP), die immer wieder
von Norden nachstößt und mit Hilfe kleiner Randtröge den Haupttrog am Leben
hält. Und da dieser eingezwängt ist zwischen zwei stationären Rücken über
Osteuropa und dem Ostatlantik (deswegen auch inverses Omega), geht es weder vor
noch zurück, so dass wir uns über die Kurzfrist hinaus, ja wahrscheinlich sogar
bis weit in die kommende Woche die Troglage ertragen müssen oder auch genießen
können, je nach Gusto.

Aktuell ist einer der o.e. Randtröge dabei, von der Nordsee her in die Rückseite
des Haupttroges Richtung Niederlande und NW-Deutschland vorzustoßen, wobei der
Randtrog durchaus das Zeug dazu hat, ein eigenständiges kleines Höhentief zu
kreieren. Korrespondierend dazu lässt sich im Druckfeld ein flaches Tief
analysieren (ZORA), das aber keine wirkliche Zirkulation aufbauen will und somit
eher als Bodentrog zu behandeln ist. Spielt aber auch keine große Rolle. Fakt
ist, dass vorderseitig des Randtrogs aktuell ein mittelmäßig organisiertes
schauerartiges Niederschlagsband den äußersten Westen und Nordwesten erreicht
hat. Es wird in den nächsten Stunden ost-südostwärts ziehen und dabei mehr und
mehr zerfleddern. Dann wird es mit Unterstützung des Tagesgangs in der labilen
Polarluft (T500 -31 bis -34°C über T850 -1 bis -4°C) in weiten Landesteilen zu
Schauern in Form von Regen, Graupel oder auch Schnee kommen. Zwar steht nicht
überbordend viel CAPE zur Verfügung, allerdings braucht´s das auch nicht in
einer derart geschichteten Kaltluft mit niedriger 0°C- respektive -10°C-Grenze,
um gewittrige Schauer oder kurze Gewitter zu generieren. Die Gewitter dürften in
der Regel in Gelb abgewarnt werden (Graupel und Böen 7 Bft), sofern sie aufgrund
ihrer häufig nur kurzen Lebensdauer überhaupt halbwegs seriös gewarnt werden
können.

Die Schneefallgrenze liegt tagsüber je nach Intensität der Schauer zwischen 600
und 1000 m (nach Nordwesten hin etwas niedriger als im Süden). Für eine
wirkliche Neuschneeakkumulation reicht es in der Regel aber nicht (teils zu
schwacher Niederschlag, teils zu warm), für kurzzeitiges Winterfeeling und
lokale Glätte durch Schnee oder Schneematsch schon. Im Hochschwarzwald (bis
Mittag) sowie an den Alpen, wo die Schauerfrequenz hoch ist respektive die
Schauer verclustert sind und auch noch Staueffekte dazukommen, sind weitere 5
bis 10 cm, im Allgäu auch mehr Neuschnee zu erwarten. Am geringsten ist die
Schauerneigung im Lee der Mittelgebirge (bei nordwestlicher Anströmung sind das
die Süd- und Südostseiten) sowie im Nordosten, wo die Luft von Skandinavien her
etwas trockener ist (auch wenn es sich nicht um eine klassische Skandiföhnlage
handelt). Gut möglich, dass in den genannten Regionen einige bis zum Abend
keinen einzigen Schauer zu Gesicht bekommen. Dafür stehen die Chancen für
Auflockerungen oder gar sonnige Abschnitte gar nicht so schlecht, insbesondere
an der Küste.

Im Gegensatz zu den beiden vergangenen Tagen spielt der Wind keine Rolle mehr,
wenn man mal von ein paar konvektiven Zuckungen bei Gewittern oder kräftigen
Schauern absieht (7 Bft). Thermisch ist zwischen 6 und 12°C Schluss, am
Alpenrand sowie in den Mittelgebirgen reicht es nicht mal für 5°C.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Randtrog bzw. das kleine eingelagerte
Höhentief im Grenzbereich zu Benelux und Frankreich in Richtung Schweiz. Dadurch
beult sich der Haupttrog deutlich nach Westen aus, was aber nur eine
Randbemerkung wert ist. Entscheidender ist die Tatsache, dass es vor allem in
der Mitte und im Süden zu weiteren Hebungsprozessen und entsprechenden
Niederschlägen kommt, die zwar vom Grunde her schauerartig sind, z.T. aber
durchaus zu kleineren Regen- oder Schneefallgebieten verschmelzen bzw.
verclustern können. Da T850 etwas zurückgeht auf rund -4°C, sinkt auch die
Schneefallgrenze ab auf bis zu 500 m, teils sogar noch etwas darunter.
Insbesondere in und an den Alpen sowie im Schwarzwald kommen oberhalb 600 bis
800 m weitere 5 bis 10 cm, im Allgäu lokal 15 cm Neuschnee dazu, die in den
laufenden Alpenwarnungen zwar eingepreist sind, höhentechnisch aber
runtergezogen werden müssen. Ein größeres Fragezeichen steht derzeit noch hinter
der Entwicklung in den ostbayerischen Mittelgebirgen, wo die Modelle zwei
konträre Szenarien anbieten. Einigkeit herrscht dahingehend, dass recht
erkleckliche Niederschläge fallen sollen (10 bis 15, lokal um oder über 20 mm
innert 12 h). Unklar ist allerdings, ob der Löwenanteil auf deutscher
(Minderheit der Modelle) oder auf tschechischer Seite (Mehrheit der Modelle)
runterkommt. Sollte es tatsächlich auf deutscher Seite stattfinden, würde die
Schneefallgrenze aufgrund der hohen Intensität bis in die Täler absinken. Da IFS
im Lauf von 00 UTC inzwischen aber dazu übergegangen ist, den Schwerpunkt auf
die tschechische Seite zu verlagern (zumindest was den Bayerischen Wald bzw. den
Böhmerwald angeht), gilt dieses Szenario als Favorit.

In den weiter nördlich gelegenen Mittelgebirgen kann es bis in mittlere Lagen
für eine dünne Schneedecke oder zumindest Schneematsch und entsprechende Glätte
(auch durch gefrierende Nässe) reichen. Dafür trocknet es im Norden mehr und
mehr ab respektive beginnt zu stabilisieren (=> nachlassende Schaueraktivität),
weil sich rückseitig des Randtroges von der Nordsee her ein flacher Rücken
nähert. Da die Wolkendecke gleichzeitig zumindest teilweise auflockert, kühlt es
vor allem um die Elbe herum sowie nordöstlich davon gebietsweise bis in den
leichten Frostbereich zwischen 0 und -3°C ab. Im großen Rest des Landes
beschränkt sich Luftfrost im Wesentlichen auf die Mittelgebirge und den
Alpenrand.

Donnerstag... erreicht der flache Höhenrücken den Norden des Landes, wo er nicht
nur für weitere Stabilisierung sorgt, sondern zudem den Luftdruck ansteigen
lässt. Im Druckfeld macht sich das in Form eines sehr soliden Bodenkeils
bemerkbar, der wiederum einen Ausläufer des kräftigen Hochs QUADARIUS (Namen
gibt´s) über dem nahen Ostatlantik darstellt. Zwar bildet sich keine deutliche
Absinkinversion aus, trotzdem zeichnet sich bei etwa 750 bis 700 hPa eine
Sperrschicht ab, die hochreichende Konvektion verhindert. Oder anders
ausgedrückt, Quellwolken ja, einzelne Schauer auch, aber nur flach und schwach
und auch nicht permanent. Zeitweise lässt sich gar die Sonne blicken, Richtung
Nordosten und an der Ostsee häufiger als im Nordwesten, wo der Feuchtenachschub
von der Nordsee her gewährleistet ist.

Abtrocknungs- und Stabilisierungstendenzen sind zunehmend auch in der Mitte zu
beobachten, während Süddeutschland im Schlepptau des nur sehr pomadig über die
Schweiz abziehenden Höhentiefs sich auch morgen wieder auf zahlreiche, teils von
kurzen Gewittern begleitete Niederschläge einstellen muss. Dabei steigt die
Schneefallgrenze tagesgangbeding wieder etwas an auf etwa 700 bis 900 m. Bedingt
durch die anhaltend nördliche Anströmung staut es am Alpenrand, so dass dort
oberhalb etwas 1000 m weitere 5 bis 10 cm Neuschnee dazukommen. Ansonsten reicht
es tagsüber nur für wenige Zentimeter in den höchsten Lagen der südlichen
Mittelgebirge.

Mit 9 bis 13°C steigt die Temperatur im Norden und in der Mitte zwar geringfügig
an, von einer Milderung zu sprechen wäre aber doch zu euphemistisch. Der Süden
kommt lediglich auf 5 bis 10°C, die Alpentäler und allgemein die höheren
Mittelgebirgslagen darunter.

In der Nacht zum Freitag werden der flache Rücken nebst zugehörigen
Zwischenhochkeil schon wieder zyklonal attackiert, wodurch sie nach Süden
abwandern. Dort, also in Süddeutschland hat das zur Folge, dass sich die
Niederschläge bis zum Morgen in die Alpen zurückziehen, so dass die
Schneefallwarnung am Alpenrand planmäßig um Mitternacht auslaufen kann. Darüber
hinaus lockert die Wolkendecke von Norden her auf, was Teilen Bayerns und BaWüs
Temperaturen um den Gefrierpunkt respektive leichten Frost bringt.

Ansonsten gilt es den Blick Richtung Nordsee zu richten, wo das 1005er-Tief
ANNINA mit komplettem Frontensatz dabei ist, das Randmeer von Norden her in
Richtung Jütland zu kreuzen. Bis zum Morgen kommt es im Westen und Norden zum
klassischen Aufzug (WLA) mehrschichtiger Bewölkung mit nachfolgend stratiformem
Regen. Gebietsweise fallen 5 bis 10 l/m² innert weniger Stunden, direkt an der
Nordsee stellenweise auch etwas mehr. Außerdem frischt der auf Südwest
rückdrehende Wind zunächst auf und an der Deutschen Bucht, gegen Morgen dann
auch im nordwestdeutschen Binnenland böig auf (7 Bft, Küste, offene See sowie
Brocken 8 Bft, ganz vereinzelt 9 Bft). Dass es unter der Aufzugsbewölkung
frostfrei bleibt, ist evident.

Freitag... überquert das Tief die Kimbrische Halbinsel in Richtung Vorpommern,
wobei es sich etwas auffüllt, gleichzeitig aber einen scharf geschnittenen, nach
Nordwest bis West ausgerichteten Bodentrog ausbildet. Auch in der Höhe lässt
sich deutlich ein Randtrog detektieren, der von der Nordsee in die Rückseite des
Haupttrogs schwenkt, um ihn zu regenerieren. Das zusehends vollokkludierte
Frontensystem überquert Deutschland süd-südostwärts. Die stratiformen
Niederschläge, die oberhalb 700 bis 1000 m als Schnee fallen, breiten sich bis
zum Abend bis zu den Alpen aus und gehen postfrontal nahtlos in Schauer und
vereinzelte Gewitter über. So steigt die Temperatur in der Höhe nur kurzzeitig
etwas an (T850 um -1°C, T500 etwas über -30°C), bevor mit dem o.e. Randtrog ein
neuer Schwall Höhenkaltluft (T500 unter -30°C) den Vorhersageraum erreicht.

Als ob das nicht alles schon genug wäre, frischt zudem auch noch der Wind stark
böig auf (präfrontal aus Südwest, hinter der Front auf West bis Nordwest
drehend). Mit Ausnahme des Nordostens (Nähe zum Tiefkern) muss vielerorts mit
Böen 7 Bft, in freien Lagen sowie im Alpenvorland (Leitplankeneffekt) 8 Bft, in
exponierten Kamm- und Gipfellagen 9 bis 10 Bft gerechnet werden. Mit maximal 6
bis 12°C (höheres Bergland kälter) bleibt es ziemlich frisch.

In der Nacht zum Samstag zieht das Tief zwar nach Polen ab, dafür überquert uns
der scharfe Bodentrog von Nord nach Süd. Dabei kommt es zu weiteren
schauerartigen Niederschlägen, die oberhalb 500 bis 800 m als Schnee fallen. In
den Alpen stellt sich für einige Stunden erneut eine Staulage ein, die oberhalb
800 bis 1000 m länger andauernden Schneefall zwischen 5 und 10 cm, im
Hochgebirge auch mehr bringt. Der Wind (im Süden aus westlichen, sonst auf
nördliche Richtungen drehend) lässt im Binnenland zwar wieder nach, setzt mit
konvektiver Unterstützung aber den einen oder anderen Nadelstich (7 Bft, höhere
Lagen 8-9 Bft). An der See frischt der auf Nord bis Nordost rechtdrehende Wind
vorübergehend stark bis stürmisch auf.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der grobe Fahrplan steht, im Detail sind aber noch Unschärfen gegeben, die im
Text angerissen wurden. Im Wesentlichen betrifft das die Niederschläge in allen
Facetten (Intensität, räumliche Verteilung, Schneefall- bzw. Schneegrenze).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann