DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-05-2024 08:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 02.05.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von SEz zu HFz
Heute in der Südwesthälfte Deutschlands örtlich Gewitter mit Starkregen,
Sturmböen und Hagel. Örtlich auch unwetterartiger Starkregen über 25 l/qm in
kurzer Zeit oder über 40 l/qm in einigen Stunden.
Im Raum Erzgebirge in freien Lagen stürmische Böen.
Am Freitag im Nordosten markante Gewitter, Unwetter nicht ganz ausgeschlossen.
Ansonsten durch ein Zwischenhoch Wetterberuhigung.
Am Samstag vor allem im Westen sowie im südlichen Teil von Ostdeutschland
markante Gewitter möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... Deutschland liegt zwischen einer Geopotential-Hochdruckbrücke, die
sich vom Schwarzen Meer bis nach Skandinavien erstreckt und einem hochreichenden
Tief südwestlich von Irland in einer südöstlichen Höhenströmung. Dabei schwenkt
ein erster flacher Höhentrog vom Alpenraum nach Süddeutschland und ein weiterer,
langgestreckter Trog tropft zum Golf von Genua ab. Auf der Vorderseite des
Troges hat sich eine Tiefdruckrinne entwickelt, die von Baden-Württemberg bis
zum Westausgang des Ärmelkanals reicht und südwestlich der Rinne hat ganz im
Südwesten bereits der Wind auf West bis Südwest gedreht und örtlich regnet es
bereits etwas. Ansonsten scheint zunächst in der noch recht trockenen Luft die
Sonne, so dass sich abgesehen vom Osten und Nordosten, wo es zu trocken ist,
ordentlich ML-Cape entwickeln kann zwischen 300 und 700 j/Kg, am Niederrhein
auch über 1000 J/Kg. Bis zum Abend verlagert sich die Rinne etwa auf eine Linie
Holland-Niederbayern. Im Bereich der Rinne und weiter westlich steigen die PPWs
meist auf 23 bis 28 mm an, so dass auch genügend Feuchte für Gewitterbildung zur
Verfügung steht. Wegen der eher flauen Höhenströmung ist die Scherung nur
schwach ausgeprägt. So entwickeln sich heute zunächst im Südwesten Schauer und
Gewitter, die sich mit der Rinne bis zum Abend zur Mitte hin ausdehnen und damit
dann NRW sowie das westliche und zentrale Bayern von den Gewittern betroffen
sein wird. Wegen der geringen Zuggeschwindigkeit der Gewitterzellen (Mittelwinde
in 850 hPa um 10 kt aus Südost) bringen diese oft Starkregen und örtlich eng
begrenzt ist auch heftiger Starkregen (Unwetter) dabei. Großhagel ist bei diesen
Cape-Werten eher nicht das Thema und die Gewitterböen dürften sich am ehesten im
Bereich zwischen 60 und 80 km/h abspielen (Bft 7 bis 9). Nach den
EPS-Ergebnissen von ICON-D2 kann es in den genannten Regionen nicht nur markante
Entwicklungen, sondern auch unwetterartige Entwicklungen mit heftigem Starkregen
geben. Die anderen EPS-Ergebnisse liefern allerdings geringere
Wahrscheinlichkeiten für hohe Regenmengen (CosmoLEPS, ICON-EU und IFS).
In der Nordosthälfte Deutschlands simulieren die Modelle bis zum Abend meist
noch keine Schauer und Gewitter, da die Luft anscheinend in unteren Schichten zu
trocken ist und sich somit nur wenig ML-Cape entwickelt.
Bei 850-hPa-Temperaturen, die noch zwischen 10 und 13 Grad liegen, werden im
Norden und Osten noch Höchstwerte zwischen 25 und 28 Grad erreicht. Im Südwesten
dagegen strömt von Westen bereits kühlere Luft ein mit 850-hPa-Temperaturen
teils um 5 Grad und so steigen die Temperaturen im südlichen Baden-Württemberg
meist nur noch auf 17 bis 19 Grad.
Der Wind weht nordöstlich der Rinne teils lebhaft aus Ost bis Südost und bringt
einzelne steife Windböen vor allem in Schleswig-Holstein und in Sachsen. Hier
kann es exponiert auch stürmische Böen geben.

In der Nacht zum Freitag kommt die Tiefdruckrinne etwas weiter nach Nordosten
voran und sorgt vor allem in einem Streifen von NRW bis zum östlichen
Mittelgebirgsraum für weitere, schauerartige und teils auch gewittrige
Regenfälle mit erhöhter Starkregengefahr. Gegen Morgen ziehen sich die
Regenfälle nach NRW, Nordhessen und ins nördliche Rheinland-Pfalz zurück. Ganz
im Süden kommt es nach den meisten Modellen zu länger anhaltenden Regenfällen,
gestützt durch eine Gegenstromdynamik (Südost in der Höhe, West am Boden).
Entgegen den gestrigen Aussagen werden aber meist keine Dauerregenmengen auch im
weiteren Verlauf mehr simuliert und auch die Probabilistik zeigt meist keinen
Dauerregen mehr.
Von der Pfalz bis nach Nord- und Mittelbayern lassen die Regenfälle dagegen
weitgehend nach. Im Norden und Osten bleibt es - von vereinzelten Schauern
abgesehen - trocken und aufgelockert bewölkt. Die Tiefsttemperaturen liegen
zwischen 14 und 6 Grad

Freitag... schwächt sich der Ostteil der Rinne ab und das entstehende Bodentief
verlagert sich über die südwestliche Nordsee nur noch wenig nordwestwärts und
schwächt sich ab. Seine Kaltfront erreicht mit ihrer rinnenartigen Druckstruktur
bis zum Abend etwa Vorpommern. In der Höhe breitet sich der Trog von der Adria
aus weiter bis zum südwestlichen Schwarzen Meer aus, so dass dann von dort bis
zur Biskaya eine Geopotentialrinne entsteht. So startet vor der Front im
äußersten Nordosten der Tag noch freundlich, ehe dann von Südwesten die
Bewölkung zunimmt und Schauer und Gewitter aufkommen. Erneut besteht bei
geringer Zuggeschwindigkeit der Zellen Starkregengefahr, teils auch über 2 bis 3
Stunden. Unwetter sind nicht ganz ausgeschlossen (ICON-D2-EPS bringt lokal 5 bis
20 Prozent Wahrscheinlichkeit für heftigen Starkregen).
Ganz im Süden - vor allem im Alpenraum und dort besonders nach Osten hin -
regnet es weiter, da die Gegenstromdynamik (Ostwind in der Höhe, West bis
Nordwest am Boden) erhalten bleibt, in Südostbayern gibt es bei CosmoLEPS
schwache Hinweise für Dauerregen im 48 Stunden Zeitraum bis Samstag, 24 UTC.
Im großen Rest von Deutschland strömt zwischen dem Tief vor Ostengland und dem
Hochkeil über den Alpen von Westen stabilere und kühlere Meeresluft ein mit
850-hPa-Temperaturen zwischen 2 und 5 Grad, während im Nordosten anfangs noch
Warmluft wirksam ist. Bei wechselnder Bewölkung kommt es nur noch ganz
vereinzelt zu Schauern und nach Südwesten hin gibt es auch mal größere
Aufheiterungen.
Die Höchstwerte liegen postfrontal nur noch zwischen 17 und 19 Grad im
Alpenvorland bei Regen nur bei 14 Grad. Von Oder und Neiße bis nach
Schleswig-Holstein werden warme 20 bis 25 Grad erreicht, ehe die Schauer und
Gewitter dann die Abkühlung bringen.
In der Nacht zum Samstag regnet es im Südosten durch die Gegenstromproblematik
weiter (eventuell auch Dauerregen über 36 bis 48 Stunden!). Im Nordosten lassen
Schauer und Gewitter alsbald nach. Sonst lockern sich die Wolken örtlich auf und
es bleibt weitgehend trocken. Es kühlt auf 9 bis 3 Grad ab mit den niedrigen
Werten in der Schwäbischen Alb, im Nordosten auf 12 bis 10 Grad.

Samstag... herrscht insgesamt eine schwachgradientige Lage, wobei sich ein
schwaches Zwischenhoch hinter der nach Nordosten abgezogenen Kaltfront gebildet
hat, welches sich im Tagesverlauf zur Ostsee in den Raum Rügen zurückzieht. Von
Westen nähert sich nämlich eine kleines Höhentief, das von Frankreich nach
Benelux zieht. Dieses war aus dem Trog des Zentraltiefs südwestlich von Irland
bereits in der Nacht zuvor abgetropft. Der Höhentrog des Tiefs zieht über
Deutschland hinweg nach Nordosten. Das führt zu Druckfall und von Südwest nach
Nordosten zieht stärkere Bewölkung durch, die vor allem im Westen Schauer und
einzelne Gewitter bringen. Im Raum Sachsen und Südostbrandenburg sickert etwas
wärmere und feuchtere Luft von Südosten ein, so dass dort ML-Cape auf 200 bis
350 J/Kg ansteigt bei PPWs um die 23 mm. Im Westen liegen die Cape-Werte dagegen
nur bei 50 bis 100 J/Kg bei, wobei der Feuchtegehalt der Luft geringer ist (PPWs
um 19 mm). Insofern muss am Nachmittag und Abend im Westen und im südlichen Teil
von Ostdeutschland mit der Bildung einzelner Gewitter gerechnet werden. Die
Unwettergefahr ist dabei nur gering, markante Entwicklungen sind aber möglich
bei gebietsweise mäßiger Scherung. Die Höchsttemperaturen pendeln sich auf Werte
zwischen 16 Grad in der Eifel und 23 Grad in der Lausitz ein. Der Wind bleibt
abgesehen von Gewitterböen meist nur schwach.

In der Nacht zum Sonntag bilden das alte Zentraltief südlich von Irland und das
Höhentief über Benelux einen Dipol und das kleinere Höhentief wird nach ICON zur
Emsmündung gesteuert. Entsprechend treten vor allem im Westen und Norden noch
Schauer und anfangs auch noch einzelne Gewitter auf. Später könnte im Südwesten
durch aufkommende WLA Regen aufkommen. Nach Osten hin sind die Chancen für
Wolkenlücken am größten. Es kühlt auf 10 bis 5 Grad ab und der Wind bleibt
abgesehen von Schauerböen schwach.

Modellvergleich und -einschätzung
Bis morgen Abend simulieren die Modelle sehr ähnlich. Am Samstag zeigen sich
dann einige Differenzen: UK10 simuliert kein 2. Höhentief über dem westlichen
Mitteleuropa und damit gibt es bei uns nur vereinzelt Regen.

Die EPS-Ergebnisse für den Starkregen heute sind nicht deckungsgleich: CosmoLEPS
bringt im Allgäu und im südlichen Württemberg sowie im Raum Eifel das größte
Starkregenpotential. Bei ICON-EU-EPS nur im Raum Eifel und Nordschwarzwald. IFS
berechnet das größte Starkregenpotential im Raum Rheinland-Pfalz.
ICON-D2-EPS von 03 und 06 UTC zeigt einen Streifen von der Alb über Unterfranken
und Mittelhessen zur Eifel und zum Niederrhein (in der 2. Tageshälfte).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden