DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-05-2024 17:01
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.05.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Omegamuster mit Starkregen/Dauerregen und Gewittern (UNWETTER) im Südwesten und
Trockenheit uns stürmischen Böen im Nordosten

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... beherrscht uns weiterhin eine Omegalage mit einem ausgeprägten
Höhenhoch über dem Süden Skandinaviens. Flankiert wird dieses von einem
Cut-Off-Tief über Westeuropa. Während die Nordosthälfte durch ein
korrespondierendes osteuropäisches Hoch antizyklonal beeinflusst wird, liegt der
Südwesten im Einflussbereich des westeuropäischen Cut-Off-Tiefs. Im Nordosten
ist dabei eine warme und sehr trockene Luftmasse mit Temperaturen bis 27 °C und
Taupunkten ~ 6 °C wirksam. Der starke Gradient, der sich zwischen dem
westeuropäischen Tiefdruckgebiet und dem Osteuropahoch aufgebaut hat, sorgt im
Zusammenspiel mit einer gut durchmischten Grenzschicht für starke Böen in der
Nordosthälfte. Entsprechende Warnungen laufen. Im Westen ist eine kühlere und
feuchtere Luftmasse wirksam. Getrennt werden diese Luftmassen von einer
quasistationären Luftmassengrenze, die mit einem Regenband verbunden ist, das
von der Eifel bis zum Alpenrand reicht und in einer Tiefdruckrinne eingebettet
ist. Auf seiner warmen Seite gibt es noch einen schmalen Streifen mit erhöhter
Feuchtigkeit, sodass sich ein paar 100 J/kg CAPE aufbauen konnten. Daran wurden
einige Zellen ausgelöst. In der der Region Starnberger- und Ammersee brachte
eine Zelle lokal eng begrenzt 30 l/qm, was durch die Radarsummen auf Grund des
wahrscheinlich vorwiegend "warmen Regens" deutlich unterschätzt wurde. Diese
Zellen zogen nordostwärts in die kalte Luft und lösten sich auf. Im Laufe des
Abends sind weitere Zellen an der Nordostseite der Luftmassengrenze möglich,
auch wenn ICON-D2 die Aktivität im neuen Lauf herausgenommen hat. Weitere Zellen
können auch innerhalb der Luftmassengrenze in der Konvergenz im Süden ausgelöst
werden. Eine kräftigere Zelle ist im Allgäu entstanden, die seit über einer
Stunde stillsteht und bereits enorme Regenmengen brachte. Durch nordöstliche
Bodenwinde und südlichen Höhenwind wird etwas hochreichende Scherung um ~ 13 m/s
und erhöhte Helizität von 150 - 200 m²/s² bereitgestellt. Somit wären auch
rotierende Aufwinde und meist aber kleinkörniger Hagel, Hagelansammlungen und
Sturmböen möglich. Fraglich ist jedoch, ob die Zellen durch die meist stabile
Grenzschicht von dieser Scherung auch profitieren. Lokale Unwetter sind möglich,
da die Zellen häufig rückwärtig anbauen.
Ein weiterer Schwerpunkt wird ab den späten Abendstunden bis in die erste
Nachthälfte hinein von Gewittern simuliert, die aus der Schweiz auf das
westliche BaWü übergreifen. Die Aktivität ist derzeit in der Schweiz nicht
besonders groß. Auch ist die Grenzschicht recht stabil geschichtet. Der aber von
Süden herein schwenkende Trog sollte die Gewitteraktivität ab den Abendstunden
aufrechterhalten, oder noch verstärken. Da die Zellen ebenfalls rückwertig
anbauen, sind lokale Unwetter zu erwarten. ICON-D2 rechnet allerdings im
12z-Lauf nun die Hauptaktivität über Frankreich, wonach dann ein sich
auflösender Gewittercluster auf das Saarland und das westliche RLP übergreifen
soll. In seinem Bereich können nochmals 20-30 mm in 1-2 Stunden fallen. Das
RUC-Modell des AROME sieht die Aktivität für die erste Nachthälfte etwas
östlicher am Oberrhein.

Zudem gibt es an den Alpen noch bis in die erste Nachthälfte Föhnsturm.
Ansonsten lässt der Wind im Nordosten allmählich nach.

Donnerstag ... bleibt die Zweiteilung über Deutschland erhalten. Während der
Nordosten weiterhin antizyklonal geprägt ist, würde der Südwesten von einem
Randtrog des westeuropäischen Cut-Off-Tiefs beeinflusst. Die Tiefdruckrinne
verlagert sich etwas ostwärts und reicht von einem schwachen Tief über den
Niederlanden in einem Boden über die Mitte Deutschlands bis zu den Alpen. In
ihrem Bereich bauen sich Tagsüber bis zu 600 J/kg CAPE auf. Die Windscherung
bleibt vergleichsweise schwach. Im Tagesverlauf simulieren die Modelle
zahlreiche Gewitter. Die Gefahr des rückwärtigen Abbauens ist auch hier wieder
gegeben. Auch, dass sich im Tagesverlauf größere Multizellencluster bilden. So
geht die Hauptgefahr von heftigen Starkregen aus, wodurch wieder lokale
Unwetter, vereinzelt auch extreme Unwetter mit über 50 mm in kurzer Zeit
erwartet werden können. Gegenüber heute nimmt die Unwettergefahr nochmals zu.
Im Nordosten verstärkt sich der Gradient zur Tiefdruckrinne, sodass wieder
verbreitet starke, vereinzelt stürmischen Böen auftreten.

Kritisch wird es in der Nacht zum Freitag. Ausgehend vom westeuropäischen
Cut-Off-Tief zieht ein scharfer Höhentrog über die Alpen, wodurch am Alpenrand
zyklogenese ausgelöst wird. Das Leetief soll sich in der Nacht dann von den
Alpen lösen und noch auf einer unsicheren Zugbahn Richtung Mitte Deutschlands
bewegen. Durch die Hebung werden an seiner Westflanke kräftige konvektiv
durchsetzte, anfangs auch gewitterige Niederschläge ausgelöst, die Teilweise die
Clusterreste vom Tag mit einbeziehen. Betroffen ist nach den meisten Modellen
der Südwesten. PPW-Werte sind mit ~ 25 mm noch moderat. Allerdings rechnen
selbst die Globalmodelle mit Niederschlagsmengen von 60 - 100 mm in Spitzen über
100 mm, was in Anbetracht des scharfen Troges, der Lage des Tiefs und dem
Eindrehen der Niederschlagsschleppe durchaus realistisch ist! Da die
Modellunterschiede bezüglich der Lage noch sehr groß sind, ist es noch zu früh
für eine Vorabinformation. Es sollte noch der IFS 12z-Lauf abgewartet werden. Im
Falle, dass sich die Modelle geeinigt haben, könnte man auch gleich eine
Unwetterwarnung scharf schalten.


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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... wird dann vom angesprochenen Tief über Deutschland geprägt, mit
anhaltenden Regenfällen und laufender Unwetterlage im Südwesten und weiteren
starken Böen im Nordosten, später auch im Südenwesten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich des Tiefs in der Nacht zum Freitag gibt es noch große
Modellunterschiede, was eine Eingrenzung der Vorabinformation erschwert. Es
müssen weitere Läufe abgewartet werden. Dass eine größere Unwetterlage
bevorsteht, scheint als sicher.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold