DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-05-2024 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.05.2024 um 10.30 UTC



Insgesamt wechselhaft, zeit- und gebietsweise mit markanten, mindestens lokal
unwetterartigen Regenmengen. Mäßig warm, im Nordosten teils sommerlich warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 24.05.2024


Zu Beginn der Mittelfrist am Montag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines
Höhentiefkomplexes über Westeuropa bzw. dem westlichen Mitteleuropa mit zwei
Drehzentren. Ein Drehzentrum befindet sich in etwa über der Biskaya, ein
weiteres über dem Nordwesten Deutschlands bzw. Benelux. Am Boden korrespondiert
eine flache Tiefdruckzone, wobei ein abgeschlossenes Bodentief (knapp unter 1010
hPa) über Nord-/Nordwestdeutschland liegt. Im Tagesverlauf sinkt der Luftdruck
noch leicht und es entsteht eine flache, aber ausgedehnte Tiefdruckzone über
weiten Teilen West- und Mitteleuropas. Die 10 Grad-Isotherme in 850 hPa liegt
quer über Deutschland. Nach teils freundlichem Start in den Tag nimmt die
Bewölkung im Tagesverlauf zu und es können sich voraussichtlich recht verbreitet
Schauer und Gewitter bilden. Aufgrund der geringen Luftdruckgegensätze sind die
Verlagerungsgeschwindigkeiten relativ gering, so dass bei ppws um 20 bis 25 mm
lokal Starkregen (teils Unwetter) auftreten kann. Da auch ein gewisses Maß an
CAPE aufgebaut werden kann, dürfte teils auch Hagel auftreten. In Ermangelung
von Scherung und einer insgesamt auch relativ feuchten Grundschicht dürfte der
Wind in Gewitternähe zwar teils stark bis stürmisch auffrischen, insgesamt aber
eine eher untergeordnete Rolle spielen. Auch in der Nacht klingen
Schauer/Gewitter voraussichtlich nicht gänzlich ab, je nach genauer
Ausgestaltung im Hinblick auf kurzwellige Troganteile auf der Vorderseite können
sich nachts teils auch Intensivierungen der Schauer-/Gewittertätigkeit ergeben.

Am Dienstag greift von Süden her voraussichtlich ein (kurzwelliger) Troganteil
von Süden her auf Deutschland über, damit geht eine Intensivierung der
Bodentiefzone einher. Es bildet sich nördlich der Alpen ein Bodentief (unter
1005 hPa), das sich im Tagesverlauf und auch in der Nacht zum Mittwoch peu à peu
nordwärts verlagert und dann quer über Deutschland liegt. Durch
Warmluftadvektion von Osten her kommt es dabei zu Aufgleitniederschlägen, die
dann gebietsweise kräftiger ausfallen und anhalten können. Das wäre eine
ähnliche Entwicklung wie am heutigen Freitag. Auf der warmen Seite im Norden
können dabei auch Gewitter mit lokalem, teils unwetterartigem Starkregen
auftreten, auf der Südflanke werden eher die skaligen Niederschläge mit
markanten 24-stündigen Regenmengen (Unwetter?) zu erwarten sein. Die genauen
Niederschlagsschwerpunkte sind dabei aber noch unsicher. Vor allem nach Norden
hin kommt es zu einer gewissen Gradientverschärfung zum Skandinavienhoch, so
dass der nördlich des Bodentiefs aus Osten wehende Wind auch abseits von
Schauern/Gewittern teils stark, exponiert stürmisch auffrischen kann. Durch die
Warmluftadvektion kann es im Nordosten vor der Gewittertätigkeit teils noch auf
sommerliche Tageshöchstwerte "aufheizen".

Am Mittwoch liegt der Höhentiefkomplex weiter über Deutschland, das Bodentief
(nach wie vor unter 1005 hPa) verlagert sich weiter langsam gen Norden und liegt
damit über den nördlichen Landesteilen. Damit gehen weitere, vor allem im
Bereich der Konvergenzzone teils anhaltende Niederschläge einher. Am warmen Rand
ganz im Norden ist wahrscheinlich auch noch das ein oder andere Gewitter mit
lokalem Starkregen dabei. Auf der Südflanke des Tiefs über der nördlichen
Mitte/dem Norden dürfte aber der Niederschlagsschwerpunkt liegen, weiter nach
Süden regnet es zwar auch zeitweise, aber wahrscheinlich nicht so markant. Auf
der Südflanke weht der Wind aus westlichen Richtungen frisch bis stark, auf der
Nordflank teils stark bis stürmisch um Ost.

Am Donnerstag liegen wir weiterhin unter dem Höhentiefkomplex, der Bodendruck
steigt aber leicht an, eine Tiefdruckrinne (leicht unter 1010hPa) erstreckt sich
vom Ärmelkanal gen Norddeutschland/südliche Ostsee. In deren Umfeld regnet es
zeitweise noch kräftiger, wie markante bleibt abzuwarten. Im Rest des Landes
regnet es unter dichter Bewölkung ebenfalls zeit- und gebietsweise, relativ
wahrscheinlich aber abseits von Warnschwellen. Allerdings sind aufgrund der
vorangegangenen Niederschläge die Böden insbesondere im Süden und Südwesten
wahrscheinlich nach wie vor gesättigt und Flusspegel hoch.

Am Freitag dominiert weiterhin der Höhentiefkomplex unser Wettergeschehen, die
Drehzentren verlagern sich allerdings tendenziell südwärts und der Bodendruck
steigt leicht an. Von daher lebt zwar voraussichtlich die Niederschlagstätigkeit
im Tagesverlauf wieder auf, der Schwerpunkt verlagert sich aber allmählich nach
Süden bzw. können die Niederschläge von Nord/Nordwesten allmählich nachlassen,
evtl. auch abklingen. Das ist aber auch von kurzwelligen Anteilen abhängig, die
das Höhentief umlaufen und aktuell noch schwer abschätzbar.

Zur erweiterten Mittelfrist deutet sich die Ausdehnung des Höhenhochs über
Skandinavien und damit ein weiteres Abdrängen des Höhentiefkomplexes gen Süden
an. Dadurch könnte wie schon für den Freitag angedeutet eine gewisse
Stabilisierung von Norden her verbunden sein. Diese Tendenz ist aber noch
hochgradig unsicher.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist anfangs gut, die Differenzen
hinsichtlich der Trog-Keil-Struktur werden ab Mitte kommender Woche zunehmend
größer. Nichtsdestotrotz kann man konstatieren, dass es überwiegend bei einer
zyklonal geprägten und damit unbeständigen Witterung bleibt. Lediglich der
Norden/Nordosten kann sich voraussichtlich zeitweise im Einfluss-/Randbereich
des skandinavischen Hochs unter stabileren/störungsfreieren Verhältnissen
wiederfinden.

Im Übergang zur erweiterten Mittelfrist größere Differenzen zwischen den
vorliegenden IFS-Modellläufen, daher Entwicklung sehr unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch der Vergleich zu anderen Globalmodellen zeigt bis Mitte der kommenden Woche
nur geringe Unterschiede, nachfolgend nehmend diese zu: Während ICON zu einer
für Deutschland schneller stabileren/antizyklonaleren Lösung tendiert, da es den
Keil und die Bodenhochzone weiter ostwärts und positiver geneigt (und demnach
auch über unserem Vorhersagegebiet) simuliert, ist das GFS (wie meistens)
zyklonaler aufgestellt. Nach GFS würde sich die Hochdruckzone perspektivisch
eher vom nördlicheren Skandinavien bis ins Baltikum/Nordwestrussland erstrecken
und ganz Deutschland unter weitgehend zyklonalem Einfluss verbleiben.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS zeigt für den ersten Mittelfristzeitraum von Montag
00 UTC bis Dienstag 00 UTC (+72 bis +96 h) drei Cluster mit leicht variablem
Höhentiefkomplex über West-/Südwesteuropa und entsprechend unterschiedlicher
Ausgestaltung der den Trog umlaufenden Kurzwellenanteile. Daher ist der durchweg
wechselhafte Witterungscharakter klar, eine Festlegung auf
Niederschlagsschwerpunkte aber aus heutiger Perspektive nicht möglich. Im
Folgezeitraum von Mittwoch 00 UTC bis Freitag 00 UTC (+120 bis +168 h) sind vier
Cluster vorhanden, die zum einen den Trog unterschiedlich regenerieren bzw. zum
Ende der Mittelfrist nach Süden abdrängen und damit auch das sich
aufbauende/verstärkende Skandinavienhoch unterschiedlich bewerten. Zunächst
dominiert aber weiterhin zyklonal geprägtes Wetter mit zeitweiligen
Niederschlägen, Schwerpunkte unsicher. Zum Ende der Mittelfrist am Freitage
scheinen aber alle Cluster auf einen von Norden allmählich zunehmenden,
antizyklonalen Einfluss und Trend zur Wetterberuhigung zu setzen. Die sechs
Cluster in der erweiterten Mittelfrist schwanken zwischen den Extremen: erneute
Trogregenerierung von den Britischen Inseln her oder Hochdruckgebiet Schwerpunkt
Südskandinavien/Norddeutschland... Entwicklung also sehr unsicher.

Die Rauchfahnen liefern wenig Neuerkenntnisse: Quer durch Deutschland insgesamt
viele Niederschlagssignale mit Peak Dienstag/Mittwoch im Süden und der Mitte, im
Norden eher Mittwoch/Donnerstag. Die Bündelung bei der Temperatur in 850 hPa und
dem Geopotenzial in 500 hPa ist zu Beginn ganz gut, ab Mitte der kommenden Woche
nimmt der Spread deutlich und stetig zu. Beim Geopotenzial im Mittel leichter
Trend zum Anstieg.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Insgesamt steht eine recht warnintensive Phase an. Vor allem dürften wiederholte
und teils kräftige Niederschläge auf den zumindest im Süden und Südwesten dann
schon gesättigten Böden für eine anhaltende bzw. zunehmend angespannte
"Pegelsituation" sorgen.

DAUERREGEN:
Zum Dienstag/Mittwoch deutet sich eine ähnliche Situation an wie am heutigen
Freitag. Von Süden her besteht am Dienstag erneut das Risiko für anhaltende und
teils kräftige Regenfälle über dem Südwesten mit Mengen um 40 bis 70 l/qm in 24
Stunden. Das wäre teils Unwetter. Dies zeigen sowohl der deterministische
IFS-Lauf als auch die EPS-Wahrscheinlichkeiten und der EFI. Freilich noch mit
größeren Unsicherheiten hinsichtlich tatsächlicher Intensitäten und der
Schwerpunkte. Am Mittwoch verlagert sich der Schwerpunkt dann voraussichtlich
irgendwo in die mittleren, am Donnerstag eventuell auch noch in die nördlichen
Landesteile.

GEWITTER (STARKREGEN, HAGEL, weniger STURMBÖEN):
Am Pfingstmontag allgemein auflebende Gewittertätigkeit, örtlich markant
hinsichtlich Starkregen und Hagel, lokal auch Unwetter nicht ausgeschlossen
(CAPE ganz gut vorhanden, ppws um 25/30 mm, geringe
Verlagerungsgeschwindigkeit). Am Dienstag am Nordrand des erwähnten
Regengebietes und nördlich davon ebenfalls örtlich kräftige Gewitter, lokal
Unwetter, mit Starkregen und Hagel. Am Mittwoch Gewitterrisiko ähnlicher
Intensität ganz im Norden. Diese Schwerpunkte werden auch durch den EFI
gestützt.

WIND/STURM:
Durch die Bodentiefentwicklung zeitweise Gradientverschärfung, besonders auch im
Norden in Nähe zum Skandinavienhoch. Daher ab Dienstag auch abseits von
Gewittern besonders im Küstenumfeld und dort exponierten Lagen Sturmböen (Bft 8)
aus Ost, am Mittwoch auch im Süden in exponierten Lagen aus West bis Südwest
gering wahrscheinlich. Die EFI-Signale sind vorhanden, aber relativ gering.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger